(Köln, 29.05.2013) Dr. Jochen Thies präsentierte am letzten Mittwoch vor ca. 150 Personen im KOMED-Saal in Köln sein neues Buch „Wir sind Teil dieser Gesellschaft. Einblicke in die Bildungsinitiativen der Gülen-Bewegung.“
Im Gespräch mit Dr. Marc Hieronimus erzählte Thies, was ihn als ehemaligem Redenschreiber Helmut Schmidts zum Schreiben dieses Buches motivierte und auf welche Menschen und auf welchen biografischen Typ er bei den Recherchen zu den Bildungsinitiativen der Gülen-Bewegung traf. Die Buchvorstellung wurde vom Kölner Verein Interkultureller Dialog e.V. (ikult e.V.) organisiert.
Der seit 2006 in Köln bestehende Verein sieht sich selbst als aktiver Teil der Hizmet- oder Gülen-Bewegung.
Im Rahmen des dezentral organisierten Hizmet-Netzwerks engagieren sich Menschen vor Ort, darunter viele, die von den Werten und Ideen des muslimischen Gelehrten Fethullah Gülen inspiriert sind. Menschen, die in Hizmet aktiv sind, setzen sich für universelle Werten wie Demokratie, Wissenschaft, Gewaltfreiheit und Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie den Dialog mit anderen Religionen ein. Hizmet bedeutet auf Türkisch “Dienst” und stellt freiwilliges gesellschaftliches Engagement zum Wohle aller in den Mittelpunkt.
Hasan Dagdelen (Geschäftsführer, ikult e.V.) lobte Thies für dessen Engagement im Dienste interkultureller Verständigung. Thies‘ Arbeit, so Dagdelen, schlage zwei Brücken. „Zum einen ermöglicht sie jedem Menschen, sich aus unabhängiger Quelle allgemein über die Bildungsinitiativen der Hizmet-Bewegung zu informieren. Zum anderen ermöglicht sie den Menschen, die sich innerhalb der Hizmet-Bewegung engagieren, das Bild zu erkennen, dass die Bildungsinitiativen der Bewegung nach außen gegenüber einem unvoreingenommenen, aber informierten Menschen abgeben.“
Dank Thies‘ Arbeit bekommen nun „Fremdbild und Selbstbild“ einen Anlass innerhalb und außerhalb der Hizmet-Bewegung „in Dialog miteinander zu treten.“ Das sei notwendig, so Dagdelen, denn sowohl Hizmet betreibende als auch Außenstehende müssen sich näher kommen können. Thies erzählte von einer Faszination und Vertrautheit seinerseits – trotz sprachlicher Differenz – gegenüber türkischen Gastarbeitern in den 50er und 60er Jahren. Wie er selbst, seien sie Reisende gewesen. Manchmal auch Vertriebene. Auf der Seite seines Vaters waren die Thies vor dem Ersten Weltkrieg „auch Glaubensflüchtlinge“ gewesen, nämlich Hugenotten. Das Bewusstsein darum wurde innerhalb der Familie tradiert. Ebenso die Flucht seiner Großmutter aus Ostpreußen.
Beides, und die Tatsache, dass er und seine Frau beide Lehrer seien und sich für Bildungsprogramme interessierten führte u.a. zu Thies Buch über die Bildungsinitiativen der Gülen-Bewegung. Thies gut zu lesender, erzählender und persönlicher Schreibstil verwandelt die knapp 180 Seiten seines Buches in eine lebendige, eindrückliche Bildungsreise durch die BRD. Er befragt „Mäzene, Schulgründer, Lehrer und Eltern“, beschreibt den „Schulalltag der Kinder, […] Lehrinhalte und die Erfahrungen mit der Mehrheitsgesellschaft.“
Während des Gesprächs mit Dr. Hieronimus bemerkte Thies, dass ein Grund für den großen Skeptizismus der Deutschen gegenüber der Gülen-Bewegung, eine wachsende Intoleranz gegenüber Menschen sein könnte, die eine Religion haben. Die sich aus der Religion speisende, friedliche Opferbereitschaft – gerade für die nächste Generation – würde in Deutschland an vielen Stellen nicht mehr verstanden werden und verunsichere die Menschen. Das, und ein starker Aufstiegswille, gepaart mit Ausdauer, sei kennzeichnend für viele Menschen, die sich in der Gülen-Bewegung engagieren. Wenn dann noch die Bildungsinitiativen erfolgreich sind und hochmotivierte, sehr gut ausgebildete Absolventen hervorbringen, wohingegen die traditionellen Bildungsstrukturen dies häufig genug – gerade an sozialen Brennpunkten – nicht mehr leisteten, verunsichere das noch mehr. Sollte eine deutsch-türkische Elite, durch ständiges Unverständnis und Skeptizismus gegenüber ihren Handlungen demotiviert, sich entscheiden, das Land zu verlassen, in dem sie ausgebildet wurden und in dem sie eigentlich glücklich sind, würde Deutschland nicht zuletzt einen Teil seiner Identität verlieren.
Aber auch Stabilität und Wachstum ginge mit den Nachbarn. Thies ermöglicht mit seinem Buch „Einblicke in die Bildungsinitiativen der Gülen-Bewegung“, die es schaffen könnten, den Blick auf etwas Wesentliches zurück zu führen: dass wir alle Teil dieser Gesellschaft sind. Solange uns die Menschlichkeit verbindet, ist es egal was uns trennt. Solange wir die gemeinsame Zukunft im Auge behalten, finden wir einen Weg.
Thies endete – dies unterstreichend – mit einem Satz aus seinem Buch: „Auch ich hatte mit dem Kopftuch zunächst gewisse Schwierigkeiten. Aber bei den Recherchen für dieses Buch passierte etwas: Ich bemerkte nach kurzer Zeit, dass ich begann, das Kopftuch weniger wichtig zu nehmen. Statt mich auf die Umrandung zu fixieren, sah ich plötzlich das Gesicht.“
Das Buch „Wir sind Teil dieser Gesellschaft. Einblicke in die Bildungsinitiativen der Gülen-Bewegung“ ist bei Herder erschienen und kostet 9,99 Euro.
Der „Interkultureller Dialog e.V.“ (ikult e.V.) ist ein eingetragener, politisch neutraler und konfessionell offener Verein, der das gegenseitige interreligiöse und interkulturelle Verständnis durch gezielte Förderung des Dialogs zwischen unterschiedlichen Kulturen fördert. Mehr Informationen erhalten Sie auf www.ikult.com oder auf Anfrage via E-Mail (info@ikult.com) oder Telefon (0221 – 168 179 42).