(Köln, 08.11.2008) Umfragen zufolge gehört Fethullah Gülen zu den führenden zeitgenössischen Intellektuellen der Welt. Auch in Deutschland wächst das Interesse an dieser Persönlichkeit. Deshalb organisierte der ikult e.V. ein Symposium mit dem Titel “Fethullah Gülen – Ein Förderer des interkulturellen Dialogs?”, um die Gedankenwelt Gülens und die Beweggründe der Hizmet-Bewegung zu beleuchten.
In der Eröffnungsrede leitete der Geschäftsführer des ikut e.V., Ejder Sabancı, die Veranstaltung ein und bedankte sich im Voraus bei den Referenten: Dr. Bekim Agai, Dr. Marc Hieronimus, Prof. Dr. Klaus Otte und Cemal Uşşak. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Jürgen Nielsen-Sikora.
Die Begrüßungsrede in Vertretung des Oberbürgermeisters Fritz Schramma hielt Frau Marlis Bredehorst, Beigeordnete der Stadt Köln und betonte die Wichtigkeit des interkulturellen Austausches für die Stadt Köln.
„Ich weiß nicht zu viel von Fethullah Gülen. Ich weiß aber, dass Bildung bei ihm an der obersten Stelle steht.“
Marlis Bredehorst
Anschließend ergriff Dr. Bekim Agai als erster Referent das Wort. Agai studierte an den Universitäten Bonn und Kairo Islamwissenschaften, Geschichte und Psychologie, erforschte in Europa und in der Türkei den modernen Islam und schrieb seine Promotion über Fethullah Gülen. Agai betrachtete Gülens Biographie und Gedanken aus historisch-theologischer Perspektive und sagte: „Fethullah Gülen durchlief einen klassisch-islamischen Bildungsweg und gewann durch seine Bildungs- und Erziehungsmodelle zunächst in der Türkei und anschließend auf der ganzen Welt Anerkennung.“
„Gülen sieht die modernen Wissenschaften als Schlüssel zur Moderne.“
Dr. Bekim Agai
Agai fügte hinzu: „Aufgrund des Erfolgs im Bereich der Bildung leisten die Einrichtungen der Gülen-Bewegung erfolgreiche Integrationsarbeit. Gülen entwickelte ein modernes Bildungsmodell ohne dabei die Tradition außer Acht zu lassen. Er vertritt die Ansicht, dass es die Aufgabe eines jeden Muslims ist, dem Menschen in dieser Hinsicht zu dienen. Ich möchte die Menschen, die Gülens Ideen verfolgen, als Menschen bezeichnen, die die Moderne in die Praxis umsetzen.“
Als zweiter Referent verglich Dr. Marc Hieronimus Fethullah Gülens Thesen mit einigen Werken westlicher Geisteswissenschaftler. Er verwies auf Übereinstimmungen zwischen Gülens Herangehensweise bei der Analyse der westlichen Gesellschaft mit der der Franfkurter Schule. Dr. Hieronimus verglich zudem Gülens Streben nach Glück, Ehrlichkeit, Liebe, Toleranz und Solidarität mit einschlägigen Aussagen wie etwa Horst-Eberhardt Richters oder Erich Fromms.
„Seine Anhänger sehen zurecht in Gülen einen Vorkämpfer für Bildung und einen Wegbereiter des interkulturellen Dialogs.“
Dr. Marc Hieronimus
Cemal Uşşak, Journalist und Schriftsteller in der Türkei, erklärte hingegen, Fethullah Gülen habe in der Türkei zunächst durch seine Predigten an Popularität gewonnen. Er habe seine Anhänger zu einer positiven Haltung gegenüber dem “Fremden” bewegt. Gülen werde auch oft als zeitgenössicher Mewlana bezeichnet, obwohl er weit über diesen hinausgehe. Wenn Mewlana sagte: „Was immer du sein magst, komm, komm nur”, heißt es bei Gülen: „Wer immer du auch bist, ich komme zu dir.”
Uşşak fuhr wie folgt fort: „In Gülens Predigten und Werken findet man weder Hass noch Feindseligkeit, sondern nur friedvolle Inhalte. Die von ihm inspireirten Schulen werden von Kindern unterschiedlicher Herkunft besucht, in Ländern wie den Philippinen, Afghanistan oder Bosnien-Herzegowina, wo Menschen Kriege gegeneinander führen. In den Schulen aber arbeitet man für den Frieden.“
Der letzte Referent des Symposiums, Prof. Dr. Klaus Otte, betonte abschließend, dass die im Vorbereitungsgremium gewünschte Frageform des Themas die Dialog-Problematik im Ganzen und besonders im Hinblick auf den modernen Vordenker des modernen Islam, Fethullah Gülen, deutlich macht. Das eher vordergründige Dialog-Verständnis im Sinne eines praktisch-rationalen Informationsaustausches verfehle oft die Realität und verirre sich in halbwahren bzw. ideologischen Behauptungen und Wunschvorstellungen. Der dem Entdecken von Zukunft und Wahrheit zugewandte und verschriebene Dialog lasse sich methodisch und sachlich auf die phänomenale Realität in Schrift und Lebensweise der Dialogpartner ein, um eine gemeinsame Zukunft zu erforschen und zu schaffen. Fethullah Gülen zeige in seinem literarischen und kulturpolitischen Wirken zahlreiche Ansätze, welche den „wahren Dialog“ ermöglicht haben und künftig weiter entwickeln können.